Wie sollen Kinder lernen, was sie lernen müssten — wenn sie erst dürfen, wie sie wollen und danach plötzlich müssen, was sie nicht können?
Will heissen: Erst sind sie aller Lieblinge und kriegen jede Aufmerksamkeit, bloss keine Grenzen. Danach haben alle anderen Schuld, wenn sie sich an nichts halten.
Will meinen: Kinder lernen wie Hunde und Katzen, ihre Meister zu kontrollieren, wenn diese es zulassen. Danach sind dann die Lehrer, der Lehrplan, die Ausländer, die Rektoren, oder die Nase des Schulhausabwartes schuld, wenn alle Grenzen gesprengt werden.
Diese Grafik bringt die unbequeme Wahrheit auf den Punkt. Und statt die beidseitigen Defizite von Kind und Eltern auszugleichen, fordern diese schulische Leistungen ein und gestatten den kleinen erst recht nicht, was sie selbst auch am liebsten tun würden: Rebellieren!
Schätzungsweise kommt der grösste emotionale Unmut der Eltern daher, dass sich die Kinder dies einfach so erlauben: Sich selbst treu zu sein und den Unmut einfach so auszuleben. Die Psyche sucht einen Weg aus der verstockten Situation, die die nicht vorhandene Erziehung verbockt hat. Allem Anschein nach äussert sich dies vor allem in Lern- und Leistungsschwierigkeiten.
Am Ende ist dann der Pädagoge, respektive die Pädagogik schuld, wenn sich das Kind nicht freiwillig in das Gefängnis einsperren lässt, in das sich die Eltern schon lange selbst eingemauert haben. Und dabei depressiv geworden sind. Oder egozentrische [das sollte ich hier nicht schreiben].
Vermutlich ist es unmöglich — wie es heute nötig wäre — eine Lernkultur des Frontalunterrichts und der harten Fakten sanft in eine solche des vernetzen Denkens zu überführen, wie es der Lernplan 21 einfordert. Es bedingt einen Paradigmawechsel vom Initiations- zum Erkenntnisweg. So wie heute mehr oder weniger alle Bereiche einen Paradigmawechsel erfordern, um der Spirale des Niedergangs zu entkommen — allem voran der des mehrwert-, profit- und damit konkurrenzorientierten Wirtschaftens.
Das Problem: Paradigmenwechsel sind nicht kompatibel mit einer Demokratie von konservativ geprägten Menschen. Sie halten zu lange an bekanntem Terrain fest und begreifen die Notwendigkeit zum radikalen Wandel erst, wenn der ‚Tipping Point‘ des Systems schon vorbei ist.
Wenn ich sehe, wie viele Erwachsene und Kinder nur noch mit legalen, synthetischen Drogen funktionstüchtig bleiben — noch Schlaf, Motivation und Konzentration finden, nicht untergehen, dem Drang der Rebellion widerstehen — sehe ich die Grenze zum Bioautomaten vor unseren Füssen.
So sehe ich aber auch in meinem persönlichen Umfeld viele Jugentliche, deren Eltern sich die unbequeme Mühe der Grenzsetzung gemacht haben, als die Kinder noch klein waren. Und heute ein Vertrauensverhältnis zu den jungen Menschen geniessen, so dass Heranwachsen eine partnerschaftliche Angelegenheit ist — und kein Kampf um Recht und Autorität. Dies ist im wörtlichsten Sinne Kleinkind-Kram, bei dem der Schulpsychologe dann nicht mehr viel ausrichten kann ausser Rat schlagen. Oder wohl besser prügeln?
gefällt mir, nur, was meinst du genau mit grenzen? wie sollte es aussehen? oder nicht aussehen?
Z.B. 2h Fernsehen pro Woche? Aus einer Auswahl selbst gewählt was wann wo? Ohne Pardon durchgezogen.
nun glaube ich, dass diese grenzen auch vorgelebt und selber von den eltern reflektiert werden müssen im eigenen alltag, und mir ist es wichtig, dass die grenzen eventuell mit dem kind ausgehandelt und logisch in einen nachvollziehbaren kontext eingebettet werden.
Davon bin ich überzeugt. Ich denke, dass die Grundsteine dazu extrem früh gelegt werden, im Alter von 6-12 Monaten. Dazu ist das Video auf dieser Page sehr interessant, ab 6:40.
http://www.gottisteinefunktion.ch/was-sind-alphas/
Und wieder mal den Nagel auf den Kopf getroffen!!!!
Danke! 🙂
Nana! Ich arbeite mit kleinen Kindern. Im Alter von 6-24 Monaten brauchen die Kinder vor allem geschützen Raum, um ausprobieren zu können! Die Grenzen sind in diesem Alter nur dazu da, die Kinder nicht in gefährliche Situationen zu bringen. Die Eltern müssen in erster Linie die Entwicklungsschritte der kleinen Kinder verstehen und den Raum, auch im übertragenen Sinn so gestalten, damit sie diese Schritte machen können. Und die Eltern müssen wissen, wo ihre eigenen Grenzen sind, damit sie diese dem Kind gewaltfrei und liebevoll bestimmt mitteilen, und später erklären können. Vorleben und in Beziehung treten ist immer noch die beste Art, den Kindern zu lehren Grenzen zu akzeptieren.
Mich stört manchmal, dass in Artikeln meistens ignoriert wird, was ein Kind in welchem Alter braucht, um sich gut zu entwickeln. Ein Baby braucht etwas ganz anderes als ein Kleinkind, ein 6-jähriges oder ein Fastteenager, geschweige denn ein Teenager!! Meiner Meinung wissen die Leute viel zu wenig über die Entwicklungsschritte eines Kindes!
Eben genau darauf läuft es bei dem im Video zitierten Experiment hinaus: Dass Kleinkinder ihr eigenes Verhalten bei den Erwachsenen abgucken. Und sie kopieren vor allem die Gefühle hinter den Taten – da nützt es nichts, wenn Eltern im Vordergrund eine Show abziehen und im Herzen die Nachbarn verfluchen.
Ich will sagen, Vorbild sein alleine nützt nichts, wenn es nicht echt ist. Da muss man genau hinschauen, oder nicht?
Ja. Ich wollt nen Blog schreiben, kein Buch. 🙂 Aber hast recht.
Ja genau! Vorbild sein heisst eben, echt Vorbild sein! Darum ist es ja so schwierig und darum ist es so wichtig, sich mit sich selbst auseinander zu setzen, schon bevor man Elternteil wird. Perfekt muss man aber auch nicht sein. Das wichtigste ist und bleibt eine gute Beziehung.
Und was eine gute Beziehung ist, darüber könntest du mal ein Buch schreiben! 🙂
Hm, ein satirisches Lied vielleicht. Ein ernstes Buch können andere wohl besser… :p
Gut, ein satirisches Lied! Bücher gibts schon eine Schweti! Gelesen wollen sie noch werden…